Wie man die richtige schuhwahl trifft, um nach einer kniegelenkoperation hinkraft und balance zu verbessern

Wie man die richtige schuhwahl trifft, um nach einer kniegelenkoperation hinkraft und balance zu verbessern

Nach einer Kniegelenkoperation habe ich gelernt, dass die richtige Schuhwahl einen unterschätzten, aber enormen Einfluss auf Kraft, Gleichgewicht und Alltagsmobilität hat. Schuhe sind für mich nicht nur Mode, sondern Hilfsmittel: Sie können Schmerzen lindern, Stolperfallen reduzieren und Reha‑Fortschritte unterstützen. In diesem Beitrag teile ich meine Erfahrungen, evidenzbasierte Hinweise und praktische Tipps, damit Sie gezielt Schuhe auswählen, die Ihre Genesung fördern.

Warum Schuhe nach einer Knieoperation so wichtig sind

Das operierte Knie durchlebt in den Wochen und Monaten nach der OP Phasen der Entzündungsheilung, Muskelatrophie und Wiederaufbau von Propriozeption (der Körpereigenwahrnehmung). Schuhe beeinflussen dabei:

  • die Kraftverteilung im Bein (z. B. wie viel Belastung auf Kniegelenk vs. Hüfte fällt),
  • die Stabilität beim Stehen und Gehen,
  • das Feedback an Fuß und Sprunggelenk — wichtig für das Gleichgewicht,
  • den Gehstil (Abrollverhalten, Schritthöhe und Schrittfrequenz).
  • Ein falsch gewählter Schuh kann Schmerzen verstärken oder die Muskulatur einseitig belasten. Ein gut passender Schuh unterstützt dagegen die Reha‑Übungen und fördert selbständiges Gehen.

    Worauf ich zuerst achte: Passform und Größe

    Die Grundlage ist immer die richtige Passform. Nach einer OP sind Füße häufig leicht geschwollen — das erfordert oft eine halbe bis ganze Schuhgröße mehr oder Schuhe mit breiterem Vorfuß.

  • Achten Sie auf ausreichend Zehenfreiheit: Der große Zeh sollte etwa einen Daumen breit Platz nach vorn haben.
  • Probieren Sie Schuhe am Nachmittag oder Abend an — dann sind Füße natürlicherweise größer.
  • Probieren Sie die Schuhe mit den Socken, die Sie im Alltag tragen oder mit Kompressionsstrümpfen, falls Sie diese nutzen.
  • Ein fester Fersenhalt ist wichtig, damit der Fuß nicht im Schuh rutscht und das Knie unnötig verdreht wird. Gleichzeitig sollte der Mittelfuß angenehm gestützt, aber nicht eingeengt werden.

    Sohle: Dämpfung vs. Stabilität

    Die Sohle ist eines der zentralen Merkmale. Ich unterscheide drei Hauptmerkmale:

  • Dämpfung: Gut für Schmerzen und schmerzempfindliche Gelenke. Marken wie HOKA oder Brooks bieten starke Dämpfung ohne Instabilität.
  • Stabilität: Ein stabiler Mittelfuß schützt vor Einknicken und hilft beim Gleichgewicht. Modelle mit breiterer Sohlengrundfläche oder mit medialen Stützen (z. B. New Balance Stabilitätslinien) können sinnvoll sein.
  • Grip und Flexibilität: Gute Profilsohlen (rutschfest) sind essentiell, vor allem draußen oder auf nassen Böden. Gleichzeitig sollte die Sohle vorne genug Flexibilität bieten, um ein natürliches Abrollverhalten zu erlauben.
  • Mein Tipp: Vermeiden Sie extrem weiche, instabile Sohlen in den ersten Monaten — sie geben zwar Komfort, können aber die Gelenkstabilität beeinträchtigen.

    Absatzhöhe und Fersenaufbau

    Ein moderater Fersenaufbau (ca. 3–4 cm) kann den Anstieg von Schmerzen reduzieren, da er die Knieflexion beim Auftreten leicht verändert. Flache, sehr dünne Schuhe (minimalistische Schuhe) sind in der Frühphase oft nicht ideal, weil sie die Belastung auf die vordere Kniescheibenregion erhöhen können. High Heels sind natürlich tabu.

    Verschluss: Warum Schnürsenkel und Klett wichtig sind

    Schnürung oder Klettverschlüsse erlauben eine individuelle Anpassung und besseren Halt. Slip‑on‑Modelle mit festem Schaft können bequem sein, liefern aber weniger Anpassungsmöglichkeiten bei Schwellungen. Ich bevorzuge Schuhe mit Schnürung oder großflächigem Klett, weil sie leichter an veränderte Fußformen angepasst werden können.

    Orthopädische Einlagen und Anpassungen

    Einlagen können Fehlstellungen korrigieren, entlasten und die Propriozeption verbessern. Wenn Sie bereits Einlagen hatten, lassen Sie diese nach der OP neu beurteilen — manchmal muss die Einlage angepasst werden, weil sich Gangmuster verändert haben.

  • Konfektionierte Stützsohlen (z. B. von Superfeet) können kurzfristig hilfreich sein.
  • Für komplexe Probleme empfehle ich individuelle orthopädische Einlagen vom Podologen oder Orthopädieschuhmacher.
  • Spezielle Schuhtypen, die ich empfehle

    Je nach Phase der Rehabilitation nütze ich unterschiedliche Typen:

  • Stabile Laufschuhe mit Dämpfung (z. B. HOKA Clifton, Brooks Glycerin, New Balance 990) — gut für Gehtraining, bieten Dämpfung und moderaten Halt.
  • Orthopädische Alltagsschuhe (z. B. Orthofeet) — häufig mit herausnehmbarer Sohle für Einlagen, breite Zehenbox, weiches Innenfutter.
  • Wanderschuhe/Outdoorschuhe mit guter Profilsohle — empfehlenswert, wenn Sie draußen unterwegs sind und eine stabile Basis brauchen (Marken: Meindl, Lowa).
  • Balance‑ und Kraftschuhe mit leicht rockerartiger Sohle — sie können das Abrollverhalten unterstützen, sollten aber nicht übertrieben werden und nur phasenweise eingesetzt werden.
  • Praktische Tipps beim Kauf

  • Gehen Sie mehrere Minuten im Laden oder testen Sie online bestellte Schuhe zu Hause auf Teppich: Gehen, Treppen steigen, und kurze Richtungswechsel.
  • Bringen Sie Ihre aktuellen Einlagen mit oder bestellen Sie Modelle mit herausnehmbarer Innensohle.
  • Fragen Sie nach Rückgabebedingungen — die perfekte Passform zeigt sich oft erst nach einigen Tagen.
  • Wenn möglich, lassen Sie sich von Ihrer Physiotherapeutin oder Ihrem Orthopäden beraten: Manche empfehlen spezielle Sohlen oder Modelle.
  • Wie Schuhe in Reha‑Übungen eingebunden werden können

    Schuhe sollten die Übungen unterstützen, nicht ersetzen. Beispiele, wie ich Schuhe in mein Training einbinde:

  • Beim Balance‑Training auf instabilen Unterlagen (Bosu, Balancekissen) nutze ich Schuhe mit weniger Dämpfung, damit das Fußfeedback besser bleibt.
  • Beim Krafttraining (Kniebeugen, Ausfallschritte) bevorzuge ich stabile, flachere Sohlen, um einen besseren Bodenkontakt zu haben und Kraft effizient zu übertragen.
  • Bei längeren Gehstrecken oder Schmerzphasen wähle ich gut gedämpfte Modelle, um Schonung zu ermöglichen.
  • Wann Sie Fachleute hinzuziehen sollten

    Ein Schuhkauf kann vieles lösen, aber nicht alles. Suchen Sie professionelle Hilfe, wenn:

  • Sie trotz passender Schuhe starke Knieschmerzen oder neurologische Symptome haben,
  • Ihre Gangstörung sich nicht bessert oder Sie häufig umknicken,
  • empfohlene Einlagen nicht helfen — dann ist eine individuelle orthopädische Einlage sinnvoll.
  • Podologen, Orthopädieschuhmacher und Physiotherapeuten arbeiten hier eng zusammen und können eine maßgeschneiderte Lösung finden.

    Abschließende praktische Checkliste

    PassformGenügend Zehenraum, fester Fersenhalt
    SohleDämpfung + Stabilität, gutes Profil
    VerschlussSchnürung oder Klett bevorzugen
    EinlagenHerausnehmbar / bei Bedarf orthopädisch anpassen
    TestZu Hause Probegehen, Rückgaberecht beachten

    Auf dem Künstliches Gelenk Forum (https://www.kuenstliches-gelenk-forum.de) spreche ich regelmäßig mit Expertinnen und Betroffenen über konkrete Marken, Modelle und Anpassungen. Wenn Sie möchten, nenne ich Ihnen in einem Folgebeitrag konkrete Modelle für unterschiedliche Phasen Ihrer Reha oder helfe beim Vergleichen von Schuhen — schreiben Sie mir gern Ihre Situation und Ihre Erfahrungen.


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