Welche physiotherapieübungen helfen bei merklicher gehunsicherheit nach hüft-OP

Welche physiotherapieübungen helfen bei merklicher gehunsicherheit nach hüft-OP

Nach einer Hüft‑OP höre ich häufig das Wort Gehunsicherheit — und ich weiß aus Gesprächen mit Betroffenen und Therapeuten: dieses Gefühl kann sehr verunsichern. In diesem Text beschreibe ich praktische Physiotherapieübungen und Alltagstipps, die ich empfehle oder selbst erlebt habe, um wieder sicherer zu gehen. Ich schreibe in der Ich‑Form, weil mir wichtig ist, direkt und persönlich zu sprechen: Sie sollen konkrete Anleitungen und realistische Erwartungen bekommen.

Was ich mit "merklicher Gehunsicherheit" meine

Gehunsicherheit nach einer Hüftprothese zeigt sich unterschiedlich: unsicherer Stand, Schwanken beim Gewichtswechsel, Angst vor Stolpern, kürzere Schrittlänge oder schnelleres Ermüden. Manchmal liegt die Ursache in Schwäche der Muskulatur (vor allem Gluteus medius und Quadrizeps), manchmal in vermindertem Gleichgewichtssinn oder in Schmerzen/Verhaltensangst. Therapieansätze müssen diese Aspekte kombinieren: Kraft, Balance, Koordination und Vertrauen in das betroffene Bein.

Grundprinzipien, die ich immer betone

  • Langsam aufbauen: Qualität vor Quantität. Lieber wenige, saubere Wiederholungen als viele unsaubere.
  • Regelmäßigkeit: Kurz aber täglich wirkt oft besser als lange, seltene Einheiten.
  • Progression: Schwierigkeit graduell steigern (zuerst Stand, dann leichte Dynamik, dann Herausforderndes).
  • Sicherheit: Bei Unsicherheit am Anfang mit einer sicheren Unterlage (Stuhl, Geländer, Rollator) arbeiten.
  • Schmerz- und Belastungsgrenzen beachten: Leichte Beschwerden sind normal; starke Schmerzen oder Schwellung sind Warnsignale.

Konkrete Übungen für Stand und Gleichgewicht

Diese Übungen lassen sich gut zuhause durchführen. Ich empfehle, sie erst mit Unterstützung (Stuhllehne, Tisch) zu üben, bis sie sicher beherrscht werden.

  • Gewichtsverlagerungen (10–15 Wiederholungen, 2–3 Serien): Auf beiden Beinen stehen, langsam das Gewicht auf ein Bein verlagern, 3–5 Sekunden halten, zurück in die Mitte und zum anderen Bein. Ziel: kontrollierter Gewichtswechsel, Vertrauen im Stand.
  • Einbeinstand (je 10–30 Sekunden, 3 Serien): Mit leicht unterstützender Hand am Stuhl beginnen. Ziel: 30 Sekunden frei stehen. Wenn das sicher geht, die Augen schließen (starke Steigerung).
  • Seitenstand‑Wippen (15 Wiederholungen, 3 Serien): Auf einem Bein leicht in die Knie gehen und wieder strecken — kleine kontrollierte Bewegungen zur Stärkung der seitlichen Hüftmuskulatur.
  • Gleichgewichtsbrett oder Kissen (je 30–60 Sekunden, 2–3 Serien): Auf einem weichen Kissen oder Balancekissen (z. B. von TheraBand) stehen. Baut Propriozeption auf; erst mit Unterstützung, dann frei.

Kraftübungen für stabile Hüfte

Eine stärkere Muskulatur reduziert Schwanken. Diese Übungen stärken gezielt Gluteus medius, Gluteus maximus, Quadrizeps und tiefe Rumpfmuskulatur.

  • Brücken (Gluteus maximus): Rückenlage, Füße hüftbreit, Gesäß anheben und 3–5 Sekunden halten. 10–15 Wiederholungen, 3 Serien.
  • Seitliches Beinheben (Gluteus medius): Seitlage, Bein langsam anheben und senken. 10–15 Wiederholungen pro Seite, 3 Serien. Vorsicht: Hüfte nicht nach vorne kippen.
  • Mini‑Kniebeugen (Quadrizeps): Füße hüftbreit, nur 30–45° Kniebeuge, auf kontrollierte Aufrichtung achten. 10–15 Wiederholungen, 3 Serien.
  • TheraBand‑Abduktion: Gummiband oberhalb der Knie, in leicht gebeugter Haltung das Knie gegen Widerstand nach außen drücken. 10–20 Wiederholungen, 3 Serien.

Koordination und Gangtraining

Gehunsicherheit zeigt sich besonders beim Gehen über unebenen Untergrund, Treppen oder beim Richtungswechsel. Diese Übungen trainieren die koordinativen Anforderungen des Alltags.

  • Fersen‑Zehen‑Gang (10–20 m, 2–3 Durchgänge): Erst auf der Ferse, dann auf den Zehen gehen. Verbessert Fußkontrolle und Balance.
  • Hindernisparcours (leicht): Kleine Hütchen oder Dosen zum Umgehen; später Stufen oder eine Matte einbauen. Aufmerksamkeit auf bewusstes Abrollen des Fußes.
  • Seitwärtsgehen & Rückwärtsgehen: 10–20 Schritte, stärkt Koordination und Blick‑Rumpf‑Hüfte‑Kopfabstimmung.
  • Nordic‑Walking oder Stöcke: Stöcke geben zusätzliche Sicherheit und verbessern Arm‑Bein‑Koordination; ideal für längere Spaziergänge.

Übungsplan‑Beispiel für die ersten 6–12 Wochen

PhaseSchwerpunktBeispiel‑Inhalt
0–2 Wochen Passives Gehen, Vertrauen Gewichtsverlagerung, kurze Gehstrecken mit Unterarmgehstützen/Rollator, Isometrische Anspannungen
2–6 Wochen Kraftaufbau, erster Balanceaufbau Brücken, Mini‑Kniebeugen, Einbeinstand mit Halt, Fersen‑Zehen‑Gang
6–12 Wochen Koordination, Gehstrecken verlängern TheraBand‑Übungen, Gleichgewichtskissen, Hindernisparcours, Nordic Walking

Hilfsmittel, die ich empfehle

  • TheraBand‑Bänder: variabler Widerstand, ideal für Hüftabduktion oder Fußübungen.
  • Balancekissen / Airex‑Matte: Training der propriozeptiven Fähigkeiten.
  • Rollator oder Gehstock: In frühen Stadien für Sicherheit; stufenweise Reduktion, sobald Balance besser wird.
  • Gute Schuhe: Feste, rutschfeste Sohle mit leicht gedämpfter Ferse (z. B. Modelle von Ecco, MBT vermeiden bis Reha‑Fortschritt).
  • Nordic‑Walking‑Stöcke: Für längere Strecken empfehlen viele Physiotherapeuten Stöcke zur Unterstützung und Rhythmusfindung.

Wann ich empfehle, die Therapeutin/den Therapeuten oder Orthopäden zu kontaktieren

  • Wenn Schwellung, Rötung oder zunehmende Schmerzen auftreten.
  • Bei wiederholtem Stolpern oder Stürzen trotz Trainings.
  • Wenn sich Gangbild nicht verbessert oder neue neurologische Ausfälle (Taubheitsgefühle, Lähmungen) auftreten.
  • Wenn Angst das Gehen blockiert: Gespräche mit Schmerztherapie/psychologischer Unterstützung können helfen.

Meine Alltagstipps, die oft unterschätzt werden

Manchmal sind kleine Anpassungen die wirksamsten: Räume freihalten (keine Teppichkanten), rutschfeste Matten im Bad, ausreichende Sitzhöhe auf Stühlen, Licht verbessern (Kontrasthelligkeit reduziert Stolpergefahr), und einfache Gehtraining‑Routinen in den Tagesablauf einbauen (z. B. fünf Minuten Gangtraining nach dem Frühstück).

Wenn Sie mögen, beschreibe ich gern Übungen mit Bildern oder ein individuell anpassbares Programm — schreiben Sie mir einfach Ihr aktuelles Stadium (Tage/Wochen nach OP), Hilfsmittel und ob es Schmerzen gibt. Im Künstliches Gelenk Forum auf https://www.kuenstliches-gelenk-forum.de finden Sie außerdem weiterführende Ratgebertexte und Interviews mit Physiotherapeutinnen, die konkrete Videos und Anleitungen zur Verfügung stellen.


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