Gehhilfen im vergleich: warum unterarmgehstützen für ältere patienten oft besser sind als gehstöcke

Gehhilfen im vergleich: warum unterarmgehstützen für ältere patienten oft besser sind als gehstöcke

Als jemand, die viele Patientinnen und Patienten und Angehörige begleitet hat, sehe ich immer wieder die gleiche Frage: Was ist besser – ein Gehstock oder Unterarmgehstützen? Die Antwort ist nicht pauschal, aber in der Praxis zeigen sich klare Vorteile von Unterarmgehstützen (Ellbogenstützen) für viele ältere Menschen. In diesem Beitrag erkläre ich, warum das so ist, für wen sie besonders geeignet sind, welche Nachteile es gibt und worauf Sie beim Kauf und der Anpassung achten sollten.

Warum Unterarmgehstützen oft stabiler sind

Ein Gehstock gibt nur eine einzige Kontaktfläche zum Boden und überträgt die Last größtenteils über die Hand und das Handgelenk. Unterarmgehstützen dagegen verteilen das Gewicht auf eine größere Fläche: Handgriff, Unterarmmanschette und Ellbogenbereich arbeiten zusammen. Das ergibt mehrere Vorteile:

  • Bessere Balance: Die seitliche Unterstützung am Unterarm reduziert das Risiko, seitlich wegzukippen – besonders wichtig bei Schwäche in den Beinen oder Stürzen.
  • Gleichmäßigere Lastverteilung: Ältere Menschen haben häufiger Arthrose in Handgelenk und Daumenbasis; Unterarmgehstützen entlasten diese Bereiche deutlich.
  • Geringere Handkraft nötig: Wer wenig Kraft in der Hand hat (z. B. nach Schlaganfall oder bei Rheuma), profitiert von der stabilen Abstützung durch den Unterarm.

Alltagspraktische Aspekte, die für Unterarmgehstützen sprechen

Ich höre oft: "Aber ein Gehstock ist praktischer, er passt in jede Ecke." Das stimmt teilweise — ein Gehstock ist kompakter. Trotzdem überwiegen für viele ältere Menschen die Vorteile der Unterarmgehstützen:

  • Sichereres Gehen auf unebenem Untergrund: Kopfsteinpflaster, Teppichkanten oder nasses Laub werden mit Unterarmgehstützen besser bewältigt.
  • Weniger Ermüdung: Die Unterstützung durch den Unterarm erlaubt längere Gehstrecken, weil Schultern und Nacken entlastet werden.
  • Bessere Armhaltung: Viele Nutzerinnen berichten, dass sie mit Unterarmgehstützen aufrechter gehen und sich sicherer fühlen.

Für wen Unterarmgehstützen besonders empfohlen sind

Aus meiner Erfahrung lohnt sich der Umstieg auf Unterarmgehstützen bei folgenden Situationen:

  • Mehrere Sturzereignisse oder ausgeprägte Unsicherheit beim Gehen
  • Schwäche in einem oder beiden Beinen nach Operation, Schlaganfall oder neurologischen Erkrankungen
  • Schmerzhafte Handgelenke, Daumenarthrose oder eingeschränkte Griffstärke
  • Längere Gehstrecken, bei denen ein Gehstock nicht mehr ausreicht
  • Bei Bedarf an beidseitiger Unterstützung (zwei Unterarmgehstützen bieten symmetrische Stabilität)

Nachteile und Grenzen von Unterarmgehstützen

Natürlich haben Unterarmgehstützen auch Nachteile, die man im Blick behalten sollte:

  • Komplexere Handhabung: Sitzende Tätigkeiten oder beim Heben von Gegenständen sind mit Unterarmgehstützen schwieriger.
  • Platzbedarf: Sie sind sperriger als ein einzelner Gehstock und benötigen Stauraum.
  • Handhabung bei Treppen: Viele ältere Menschen empfinden Treppensteigen mit Unterarmgehstützen am Anfang als ungewohnt; Training ist wichtig.
  • Ellbogen- oder Unterarmprobleme: Bei schmerzenden Unterarmen oder wesentlichen Problemen im Ellbogen sind sie nicht ideal.

Vergleichstabelle: Gehstock vs. Unterarmgehstütze

Merkmal Gehstock Unterarmgehstütze
Stabilität Gering – punktuell Höher – breitere Lastverteilung
Belastung der Hand Hoch Niedriger
Lernaufwand Gering Mittel – kurze Einweisung sinnvoll
Geeignet bei Gangunsicherheit Begrenzt Sehr geeignet
Mobilität in engen Räumen Gut Begrenzt

Praktische Tipps zur Auswahl und Anpassung

Eine gute Anpassung entscheidet oft über Erfolg oder Frust. Achten Sie auf diese Punkte:

  • Höhe einstellen: Die Handgriffe sollten auf Höhe des Handgelenks liegen, wenn der Arm entspannt seitlich hängt. Die Unterarmmanschette sollte den Unterarm sicher umfassen, aber nicht drücken.
  • Griffform: Ergonomische Griffe (z. B. anatomisch geformte Schaumstoffgriffe) reduzieren Druckstellen. Manche Marken wie Ottobock oder Drive Medical bieten gute Griffoptionen.
  • Gummipuffer: Qualität des Spitzenpuffers (Gummifuß) ist wichtig für Rutschfestigkeit – rutschfeste Modelle mit guter Haftung (z. B. Anti-Slip) sind empfehlenswert.
  • Gewicht: Aluminiumgestelle sind leicht und korrosionsbeständig. Carbon-Modelle sind teurer, noch leichter und steifer.
  • Reflektoren/Signal: Für bessere Sichtbarkeit im Straßenverkehr können Reflektoren oder helle Farben sinnvoll sein.

Einweisung und Training

Ich empfehle immer eine kurze Einweisung durch Physiotherapeutinnen oder Orthopädie-Fachkräfte. Wichtige Punkte sind:

  • Richtiges Abstützen: nicht zu sehr auf die Unterarme lehnen, sondern die Stütze aktiv mit dem Rumpf nutzen.
  • Gehtechnik: Schritt, Stütze, Schritt - das zeitliche Zusammenspiel ist entscheidend.
  • Treppen: Üben mit Auf- und Abstiegstechniken; oft ist ein Geländer die bessere Unterstützung als nur die Gehstütze.
  • Transfertraining: Wie setze ich mich sicher hin und stehe auf, wenn ich Unterarmgehstützen benutze?

Typische Fehler und wie man sie vermeidet

Ich sehe häufig folgende Fehler — und wie man sie vermeidet:

  • Zu hohe oder zu niedrige Einstellung: Das führt zu Schulter- oder Rückenschmerzen. Lassen Sie die Höhe prüfen.
  • Nur ein Modell testen: Probieren Sie verschiedene Griffe und Manschetten; was für eine Person gut ist, passt nicht zwingend für alle.
  • Keine Wartung: Abgenutzte Gummipuffer erhöhen Sturzgefahr. Kontrollieren und tauschen Sie diese regelmäßig aus.
  • Keine Übung: Wer die Gehstützen nicht korrekt benutzt, läuft Gefahr, an Sicherheit zu verlieren. Kurztraining mit einer Fachkraft hilft enorm.

Hilfsmittel, Zubehör und Markenhinweise

Es gibt eine Vielzahl an Modellen und Zubehör: Handgelenkschlaufen, Sitze (bei einigen Multifunktionsmodellen), praktische Taschen, Stockhalter fürs Rollatorheck oder Anti-Rutsch-Spitzen. Marken wie Ottobock, Drive Medical oder Rehasense bieten robuste Modelle; lokale Sanitätshäuser führen oft hochwertige Anpassungen und Zubehör.

Wenn Sie unsicher sind, ob Unterarmgehstützen für Sie die richtige Wahl sind, sprechen Sie mit Ihrer Physiotherapeutin oder dem Sanitätshaus. Ich habe oft erlebt, dass ein kurzes Probetragen und eine kleine Übungseinheit die Entscheidung sehr erleichtern. Der wichtigste Punkt: Sicherheit und Komfort im Alltag — wenn ein Hilfsmittel beides verbessert, ist es jeden Aufwand wert.


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